Es kommt immer anders als man denkt oder warum mein Jahr anders anfing und aufhörte als normal

See ya, New Zealand 
Man könnte sagen die letzten 6 Wochen haben alles in meinem Neuseelandtraum noch einmal um 180 Grad gedreht. 
Ich bin mit der Zuversicht auf die Südinsel in meinen (langsam echt benötigten) Urlaub geflogen mit dem Plan zwei Wochen möglichst viel von der anderen Seite Neuseeland zu sehen und seitdem ich in Neuseeland war endlich die Chance zu haben einen Trip länger als drei Tage am Stück zu machen. Am Flughafen sah ich eine Emirates-Maschine und schickte Sprachnachrichten an Annka und Lotte, denn es ist ja unglaublich, es sind nur noch 9 Wochen, könnt ihr euch vorstellen, dass ich in 9 Wochen ins Flugzeug nach Hause steige? Wir haben doch noch so viel, was wir sehen wollen... 
Schneller als gedacht kam es dann ganz anders und auch in Neuseeland wurde ich von der Wirklichkeit eingeholt. Denn war ich mir vorher noch sicher, dass es zwar auch in Neuseeland Corona Fälle geben wird, aber dass uns das jetzt nicht weiter einschränkt als zuvor... definitiv falsch gedacht... am 18.03 war klar, dass wir nach Auckland zurück müssen, meine Gasteltern schrieben mir darauf, dass wir am Wochenende gerne reden können, ob ich bleiben möchte oder nach Hause möchte. Ich war mir zu dem Zeitpunkt sicher, dass ich bleiben würde und schrieb ihnen das auch so zurück. Hauptsache wir kamen Freitag wieder gut zurück nach Hause, also zu meiner Gastfamilie. Die ganze Nacht dachte ich darüber nach, ob es wirklich passieren könnte, dass ich länger in Neuseeland bleiben "müsste", aber irgendwie war ich mir da nicht so sicher. Es schien alles noch so weit weg und klar, ich musste meinen lang ersehnten Urlaub früher beenden, aber mehr würde doch nicht kommen, oder? 
Als wir am 19.3 wieder in Christchurch ankamen war die Stimmung komisch, alle versuchten panisch nach Hause zu kommen, die Flüge waren teilweise schon gestrichen, Neuseeland und Australien machten die Grenzen zu und langsam dämmerte mir, dass es vielleicht auch uns hier am anderen Ende der Welt treffen würde... ich rief die Seite von Emirates auf und Amelie und ich wurden von utopischen Preisen erschlagen, 10.000$ für ein Economy Ticket? 
Amelie's Flug war schon vor einer Woche gestrichen worden und wir versuchten in Christchurch am Airport jemanden von Singapore Airlines zu finden, erfolglos, genauso wie die Hotline... 
Es fühlte sich immer mehr an als wenn ich festsitzen würde, 18.000 km weit weg von Zuhause. Ich wartete bis in Deutschland wieder jemand wach war und rief meine Eltern an, in dem Moment wollte ich einfach nur noch nach Hause, wir entschieden innerhalb von ein paar Minuten, dass wir jetzt versuchen würden einen Flug für mich zu buchen, es war generell nicht mehr viele Flüge verfügbar und ich musste mich schnell entscheiden, ich entschied mich nach Hause zu fliegen, Zeit meine Gastfamilie vorher anzurufen hatte ich nicht mehr. Es fühlte sich schlimm an zu wissen, dass ich am Dienstag nach Hause fliegen würde (es war Donnerstagabend) und ich wusste nicht mehr wie ich meine Tränen zurückhalten konnte... Ich rief meine Gastmutter an und ich weiß nicht, wie viel sie von meiner heulenden und schluchzenden Erklärung überhaupt verstand, aber sie beruhigte mich, dass sie die Entscheidung verstehen könnten. Besser machte es das nicht. 
Es ergab sich ein weiteres Problem, denn ich hatte jetzt zwar einen Flug, aber wir fanden keinen für Amelie, Abends gegen 11 hatte sie dann auch endlich einen... diesen Geburtstag werden wir auf jeden Fall nie wieder vergessen...
Die Nacht schlief ich quasi gar nicht und auch die Vorstellung, dass ich meine besten Freunde und meine Gastkinder hier nur noch 4 Tage sehen konnte machte mir ziemlich zu schaffen. 
Wieder angekommen in Auckland fühlte sich es komplett unwirklich an, vor einer Woche hatten wir noch über die 7 Wochen, die uns noch für Wochenendtrips blieben, gesprochen und jetzt sollte ich schon in 4 Tagen im Flieger nach Hause sitzen? Ich wollte nach Hause, ich hatte einfach Angst auf unbestimmte Zeit hier festzusitzen, aber es machte es nicht leichter mein seit Jahren erträumtest Jahr in Neuseeland so zu beenden zu müssen... 
Das Wochenende über war meine Gastfamilie nicht da, ich traf mich ein letztes Mal mit Justine und Melissa und fuhr am Sonntag ein letztes Mal zu Pia, mit Lotte hatten wir einen schönen Tag, aber es war trotzdem ein wenig merkwürdig zu wissen sie die nächsten Monate nicht mehr zu sehen. 
Sonntagmorgen war auch klar geworden, mein Flug nach Hause war gestrichen... hatte ich nicht erwartet, jetzt hieß es also auf das Rückholprogramm der Bundesregierung warten. 
Ich arbeitete weiter als meine Gastfamilie wieder da war und wir gingen in den Look Down, das Haus durften wir nur noch für Spaziergänge verlassen und alle öffentlichen Einrichtungen hatten geschlossen. 
Jeden Tag zu jeder erdenklichen Uhrzeit checkte ich meine Mails in der Hoffnung die erlösende Mail zu bekommen, wann mein Rückflug ging. Dabei ging es mir nicht darum einen Flug möglichst schnell zu bekommen, sonder einfach zu wissen WANN. Denn die Ungewissheit war das schlimmste. Die Zeit mit meiner Gastfamilie in knapp drei Wochen Zuhause waren erstaunlicher Weise die besten der ganzen Zeit, wir redeten mehr, die Kinder benahmen sich ausgesprochen gut und gerade mit meinem Großen verbesserte sich die Beziehung nochmal richtig gut. Wir hatten einen schönen Spätsommer und verbrachten viel Zeit im Garten. Und es verginge viele, viele Flieger die Richtung Deutschland abhoben, ich war nicht dabei. Meine Gasteltern hatten den Jungs mittlerweile erzählt, dass ich gehe und mein Großer wurde dadurch nochmal unglaublich lieb, er realisierte glaube ich, dass uns nicht mehr viel Zeit blieb. Am Abend des Gründonnerstags dann die Mail: am 12.4 würde ich mit Air New Zealand über Vancouver nach Frankfurt fliegen. Ostersonntag und der Geburtstag meines Papas. Es war ein sehr gutes Gefühl das Wann endlich geklärt zu haben und ich genoß die letzten 2,5 Tage in meiner Gastfamilie. Die Wochen davor hatten vor allem zu einem geführt: Schlafmangel! Ich schlief auf dem Sofa im Wohnzimmer (nicht während der Arbeitszeit ;-)) ein während meine Gastmutter lautstark aufräumte und die Jungs neben mir spielten. Am Samstag habe ich dann nochmal gearbeitet und wir hatten einen echt schönen Tag, so richtig realisiert, dass das jetzt mein letzter Tag alleine mit den Jungs war, habe ich es nicht. Ich schlief eine letzte Nacht in meinem superbequemen Bett und am Ostersonntag suchte ich mit den Jungs Ostereier, es war so süß zu sehen wie sie sich für mich gefreut haben, dass der Osterhase auch etwas für mich gebracht hatte. Danach gab es ein gemeinsames Frühstück und ich habe mit den Jungs gespielt, mehrmals kurz vor vielen Tränen, vor allem wenn mein Großer immer gesagt hat, er wolle nicht, dass ich gehe... 
und dann war es Zeit zum Flughafen zu fahren, sogar die Oma rief nochmal an und meine komplette Gastfamilie hat mich zum Flughafen gebracht. Für wie lange ich die Jungs wohl nicht in real life sehen werde? Mein Kleiner drehte schon auf der Fahrt immer den Kopf zur Seite, er hatte Tränen in den Augen, was wiederum bei mir zu feuchten Augen führte. Am Flughafen stiegen sie alle aus, es war ein komisches Gefühl, all die Leute, die sich auf den lang ersehnten Flug nach Hause freuten. Auch ich freute mich, aber auf andere Weise, die Jungs noch einmal ganz fest in den Arm nehmen, ein letztes Foto mit meiner Gastfamilie und eine letzte Umarmung zur Verabschiedung von meinen Gasteltern, sie stiegen ins Auto und ich konnte gar nicht aufhören zu winken. Es ging tatsächlich nach Hause. Die Ablenkung durch das ganze Prozedere mit der Botschaft, die organisatorischen Sachen, mein Nachname, der mal wieder zu Problemen führte mich im System zu finden und all die Deutschen um mich herum lenkten mich gut ab. Nachdem ich dann durch die Sicherheitskontrolle durch war sah ich eine Nachricht von meiner Gastmutter, sie bedankte sich und es war echt lieb geschrieben und sie erzählte, dass mein Großer den ganzen Rückweg geweint hätte, das Foto, wo er in seinem Kindersitz mit einem Taschentuch in der Hand saß, trieb mir dann die Tränen in die Augen und ich dachte mir, es war manchmal s*** und es war nicht immer leicht, aber ich hatte doch echt Glück mit meiner Gastfamilie und ich werde sie unglaublich vermissen...

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